In Konfliktsituationen fair bleiben und einen kühlen Kopf bewahren? Aussagen nicht mehr persönlich nehmen und richtig verstanden werden – aber auch zuhören können?
Der Prozess der gewaltfreien Kommunikation ermöglicht uns, diese Fragen auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt und Achtung der Gleichwertigkeit allen Lebens zu klären.
Das Modell wurde von Dr. Marshall B. Rosenberg in den 60er Jahren als Antwort auf zwei Fragen entwickelt: Was geschieht, wenn Menschen die Verbindung zu sich selbst und anderen verlieren und sich schliesslich gewalttätig verhalten? Und was ermöglicht es manchen Menschen, selbst unter schwierigsten Bedingungen in Verbindung mit ihrer einfühlsamen Natur zu bleiben? Seine Antwort lautet: Gewalt und Konflikte sind Strategien, die wir wählen, um für unsere Bedürfnisse beispielsweise nach Wertschätzung, Respekt, Schutz, Selbstbestimmung usw. einzustehen. Ärger, Wut oder Frustration sind dabei die Gefühle, die auftreten, wenn wir uns in unseren Anliegen beeinträchtig sehen. Genauso erleben wir die so genannt positiven Gefühle wie Freude, Erleichterung oder Glück, wenn sich unsere Bedürfnisse erfüllen.
Unsere Gefühle, ob gut oder schlecht, sind unmittelbar mit unseren eigenen erfüllten oder unerfüllten Bedürfnissen verknüpft und diejenigen des Gegenübers, mit dessen Bedürfnissen. Dieses Auseinanderhalten ist äusserst hilfreich. Es klärt die Verantwortlichkeit. Wir übernehmen die Verantwortung für unsere eigenen Gefühle, nicht aber für jene anderer. Ohne dabei unsere eigenen Anliegen aufzugeben, konzentrieren wir uns im Konflikt nicht auf das Fehlverhalten des Anderen, sondern darauf, was er oder sie in diesem Augenblick wirklich braucht. Wir hören aufmerksam und urteilsfrei zu und schaffen so eine Verbindung auf der Grundlage gegenseitiger Achtung. Leicht? Mitnichten! Gleichwohl hilft gerade diese Haltung in scheinbar auswegslosen Situationen oft als letztes Mittel, Schaden abzuwenden und Lösungen zu finden, die für alle zufrieden stellend sind.
Gewaltfreiheit wird im Sinne von Gandhi verstanden: Nicht schädigen, nicht unrecht tun – es geht um eine Haltung der Freundlichkeit mir und den anderen gegenüber, wodurch meine eigene Bereitschaft und die Bereitschaft meines Gegenübers zur Zusammenarbeit steigt.
Mahatma Gandhi „Gewaltlosigkeit ist eine aktive Form guten Willens gegenüber allem Leben. Sie ist reine Liebe. Sie bedeutet, dass du niemanden schädigst, dass du keine lieblosen Gedanken hegst, nicht einmal gegenüber jenen Menschen, die du als deine Feinde betrachtest. Wer dieser Lehre folgt, kennt keine Feinde. Wenn du deine Liebe in der Weise ausdrückst, dass sie sich unauslöschlich selbst deinem sogenannten Feind einprägt, muss er diese Liebe erwidern.“ Mahatma Gandhi
Die Bereiche, in denen mit dieser Art des kommunikativen Umgangs miteinander gearbeitet wird, sind vielseitig. So wird die Gewaltfreie Kommunikation beispielsweise seit Jahren in der Versöhnungsarbeit zwischen Täter und Opfern, in internationalen Konflikten, in Gefängnissen (San Quentin) aber auch in Firmen und Institutionen, Schulen und in Familien praktiziert. Sie ist ein hervorragendes Mittel, Menschen in physischem und psychischem Schmerz einfühlsam zu begleiten (Coaching) oder einfach im normalen alltäglichen zwischenmenschlichen Kontakt.